Seit 126 Jahren zählt das Raimund Theater zur Kulturszene in Wien-Mariahilf. Jetzt wurde es grundlegend saniert und renoviert – unter anderem mit bester Dämmung unter den Füßen zukünftiger Musical-Genießer und nachgestalteten Fassadenprofilen, die wohl nicht einmal der Architekt Franz Roth vom Original unterscheiden könnte.
Mit reichem Dekor repräsentative Fassaden gestalten – das war eine Spezialität des Wiener Architekten Franz Roth. Das Raimund Theater, der freistehende späthistoristische Theaterbau von 1893 mit der Hauptfassade zur Wallgasse, ist Roths einzig bekanntes öffentliches Gebäude. Die letzte Generalsanierung des Hauses hatte 1984/85 stattgefunden – eine Verbesserung der baulichen Substanz war dringend notwendig, und auch die Fassadenprofile befanden sich in schlechtem Zustand. Kaum hatte sich am 16. Juni letzten Jahres der Vorhang für das Musical „I Am From Austria“ zum letzten Mal gesenkt, fiel der Startschuss für die Grundsanierung und Modernisierung des historischen Theaters. Zwei Wochen lang wurden im Inneren Demontagen durchgeführt – zum Beispiel sämtliche Zuschauersessel abgebaut – und am 1. Juli konnten die Umbauarbeiten beginnen – Trockenlegung, Reparatur des Dachs sowie die dringend notwendige Sanierung der Fassade.
Das imposant verzierte Äußere hatte, nicht zuletzt wegen der nahen Lage an stark befahreren Straßen, bereits sehr gelitten. Manche Ornamente waren noch intakt und wurden saniert. Jene Fassadenprofile, an denen der Zahn der Zeit besonders genagt hatte, konnte man eins zu eins ersetzen – durch getreu dem historischen Vorbild nachgebaute, neue Austrotherm Fassadenprofile. Sie sind vom Original mit freiem Auge nicht zu unterscheiden und vervollständigen jetzt die historische Optik genau so, wie sie Architekt Franz Roth entworfen hat. Ihre wetterfeste Beschichtung macht die neuen Profile überdies wesentlich haltbarer, weil unempfindlich gegen Umwelteinflüsse.
Im Zuschauerhaus wurden Boden, Wand und Decke neu gemacht, und die Bestuhlung wurde erneuert. Die Wandelgänge im Parkett und auf den Rängen wurden buchstäblich von Grund auf renoviert. „Der Aufbau des Bodens war sonst sehr niedrig, aber in den Gängen im ersten Rang war er mit 25 Zentimetern hoch genug“, erklärt Thomas Hammerstiel vom Verarbeiter Wiedner GmbH: „Hier haben wir zuerst mit der Schüttung aus Styroporbeton die Leitungen bedeckt und darauf Austrotherm EPS W20 in zwei Schichten verlegt. Damit haben wir die Austrocknungszeit wesentlich verkürzt und zudem auch eine bessere Wärmedämmung erreicht.“
Die Modernisierung des Zuschauerhauses umfasst auch Maßnahmen zur Barrierefreiheit, wie zum Beispiel den Einbau eines Aufzugs für das Publikum. Auch die Haustechnik wurde auf den neuesten Stand gebracht, die Sanitäranlagen im ganzen Gebäude wurden saniert und großzügig erweitert. Neu ist eine zentrale Besuchergarderobe im Untergeschoß. Adaptiert wurden auch Foyers, Shops und Buffets, Büros und Kantine.Der Vorplatz wandelte sich zur multifunktionalen Außenfläche – samt Grünanlage, Wasserspiel und Sitzmöglichkeiten.
Das Raimund Theater wurde im Jahr 1893 von einem Verein von 500 Bürgern des Wiener Gemeindebezirks Mariahilf gegründet. Es wurde nach Entwürfen des Architekten Franz Roth errichtet und vollständig elektrisch beleuchtet. Das Theater wurde mit Raimunds Zauberspiel „Die gefesselte Phantasie“ feierlich eröffnet. Als Bühne für den Mittelstand wurde das Haus auch als „Mariahilfer Burgtheater“ bezeichnet. Später hielt die Operette Einzug, und seit der Übernahme durch die Vereinigten Bühnen Wien ist das Haus ganzjährig dem Musical gewidmet.
